Entwicklungsperspektiven

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Armut und Armutsbekämpfung 

Seit 1992 verfolgt die malische Regierung eine multisektorale Politik der Armutsbekämpfung und der Befriedigung der Grundbedürfnisse, welche sich auch in den landesspezifischen Millennium – Entwicklungszielen und Sustainable Development Goals erkennen lässt. Die wichtigsten Entwicklungsprogramme zielen in erster Linie auf einen Ausbau der Basisgesundheitsdienste, der Wasserversorgung sowie des Grundschulwesens ab. Diese Schwerpunkte flossen seit 2002 in die Ausarbeitung von Armutsbekämpfungsstrategien ein. Ein Schwachpunkt bei der bisherigen Umsetzung der Strategien ist in der relativ schwachen Beteiligung der Zivilgesellschaft zu sehen. 

Ein von der Regierung initiiertes soziales Wohnungsbauprogramm, in dessen Rahmen bis 2018 annähernd 13.000 Wohneinheiten errichtet wurden (Endziel: bis zu 50.000 Wohneinheiten), zielt in erster Linie auf die kleine städtische Mittelschicht ab. 

Nationale Entwicklungsanstrengungen 

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Regierung und ihre Kritiker die Entwicklungsplanungen und -perspektiven unterschiedlich bewerten. Während die Regierung ihre Erfolge und die von ihr und ihren Vorgängern initiierten Programme, wie zum Beispiel das PDES, hervorhebt, zeichnen ihre Kritiker ein wesentlich pessimistischeres Bild der gegenwärtigen Situation, und üben bisweilen scharfe Kritik an den Regierungsprogrammen. 

Ausländische Entwicklungsanstrengungen 

Als einstiges demokratisches Musterland hat Mali bis zum Militärputsch Anfang 2012 in einem hohen 

Maße von Unterstützungsleistungen im Rahmen der internationalen Entwicklungszusammenarbeit profitiert. So stellten in 2008 die wichtigsten Geber dem Land für den Zeitraum 2008 bis 2012 insgesamt 3,2 Mrd. FCFA Entwicklungshilfe in Aussicht. In 2011 wurden annähernd 30 % der Staatsausgaben aus Mitteln der Entwicklungszusammenarbeit finanziert.

Infolge des Militärputsches in 2012 erfuhr die internationale Entwicklungszusammenarbeit einen schweren Rückschlag. Dies änderte sich, als die malische Regierung die Wiederherstellung der Demokratie beschloss. Im Rahmen einer internationalen Geberkonferenz im Mai 2013 wurden Mali über 3,2 Mrd. Euro vornehmlich für die Wiederankurbelung der Wirtschaft zugesagt. Deutschland war in 2016 nach den USA, Frankreich und Kanada das viertwichtigste Geberland. Die wichtigsten multilateralen Geber waren die EU, die Weltbank und die Afrikanische Entwicklungsbank.

Folgende Links führen Sie zu landesspezifischen Aktivitäten einzelner Institutionen und Organisationen: 
AFD 
SNV 
CIDA

Deutsche Entwicklungs- und Hilfsorganisationen in Mali 

Mali war seit dem Jahr 2000 ein Schwerpunktpartnerland der deutschen und schweizerischen  Entwicklungszusammenarbeit. Im Rahmen des Dreijahres-Programms 2009-2011 sagte die Bundesregierung dem Land insgesamt 110 Mio. Euro als nicht-rückzahlbaren Zuschuss zu, was einer erheblichen Steigerung im Vergleich zum Zeitraum 2006-2008 (72 Mio. Euro, 2003-2005: 67 Mio. Euro) entsprach. Infolge des Militärputsches in 2012 wurde die Entwicklungszusammenarbeit mit Mali vorläufig ausgesetzt. Anfang 2013 begann die schrittweise Wiederaufnahme der Zusammenarbeit. Hiermit wurden die Bemühungen der Übergangsregierung um eine Wiederherstellung der Demokratie gewürdigt. 

In 2015 sagte die Bundesregierung Mali für das Dreijahresprogramm 2015-2017 73 Mio. Euro zu. In 2016 und 2017 machte sie dem Land weitere Zusagen in Höhe von insgesamt 58 Mio. Euro. Schwerpunkt der bilateralen Zusammenarbeit sind die Förderung der Dezentralisierung und guten Regierungsführung (einschließlich Rohstoffgovernance), die Förderung einer produktiven und nachhaltigen Agrarwirtschaft sowie der Ausbau der Trinkwasserversorgung und der Abwasserentsorgung. 

Folgende Links führen Sie zu landesspezifischen Aktivitäten deutscher Institutionen und Organisationen: 

Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit 
Kreditanstalt für Wiederaufbau 
Friedrich-Ebert-Stiftung 
Konrad-Adenauer-Stiftung 
Welthungerhilfe 
Eirene 
Solisa Freundeskreis 
Eine-Welt Nordenham e.V. 
Partnerschaft für ländliche Entwicklung in Afrika e.V. 
Sterntaler für Afrika e.V. 
Mali-Hilfe e.V. 
LAG Mali 
Häuser der Hoffnung  

Im Dogonland (Region Mopti) ermöglicht die von der deutschen Entwicklungszusammenarbeit geförderte Errichtung von Kleinstaudämmen eine Ausweitung des bewässerten Gemüseanbaus.

Gesellschaft & Kultur 

Gelegen im Übergangsbereich zwischen Nord- und Westafrika weist das vom Islam geprägte Land eine große ethnische und kulturelle Vielfalt auf. 


Anteil alphabetisierte Erwachsene 33,4 % 
Bedeutende Religionen Islam (ca. 90 %), Naturreligionen 
Städtische Bevölkerung 42 % (2018) 
Lebenserwartung (w/m) 58 / 54 Jahre (2016, geschätzt)
Gender Inequality Index Rang 157 von 160 (2017) 
Anzahl der Geburten 6,01 / Frau (geschätzt, 2017) 
Kindersterblichkeit 100 / 1000 Lebendgeburten (2016, geschätzt) 

Regionalismus, Ethnizität und Tribalismus 

Aufgrund seiner Lage im Übergangsbereich zwischen Nord- und Westafrika sowie einer langen Abfolge von Migrationsbewegungen ist Mali ein Vielvölkerstaat, der von einer großen kulturellen und sprachlichen Vielfalt geprägt wird. Ausgeprägte Unterschiede bestehen in dieser Hinsicht insbesondere zwischen den vornehmlich im Norden lebenden hellhäutigen Volksgruppen der Tuareg und der Mauren, und der im Zentrum und Süden des Landes dominierenden dunkelhäutigen Bevölkerungsgruppen. Zahlenmäßig mit weitem Abstand größte Ethnie sind die Bambara, welche zusammen mit den kleineren verwandten Ethnien der Malinké und Dioula ca. 51 % der Bevölkerung ausmachen. Weitere größere Ethnien sind Fulbe (11 %), Sarakollé (9 %), Senoufo (9 %) und Songhay (7 %). Die restliche Bevölkerung verteilt sich auf verschiedene kleinere Ethnien wie Dogon, Bozo, Bobo, Tuareg und Mauren. 

Die originären Siedlungsgebiete der einzelnen Ethnien weisen auch als Folge von Migrationsbewegungen eine Reihe von Überlagerungen auf und sind vielfach nicht eindeutig voneinander abgrenzbar. So ist zum Beispiel das Hauptsiedlungsgebiet der Dogon in Zentralmali seit einigen Jahrzehnten immer stärker von Abwanderung geprägt, mit der Folge, dass heute bereits mehr Dogon außerhalb des Dogonlandes als im Dogonland selbst leben. 

Bei den traditionell (halb-) nomadischen Tuareg und Mauren lassen sich in zunehmendem Maße Tendenzen der Sesshaftwerdung erkennen, welche in vielen Fällen in Zusammenhang stehen mit sich wandelnden ökologischen und sozioökonomischen Rahmenbedingungen. Der Anteil der nomadischen Bevölkerung ist seit Jahrzehnten rückläufig und wird auf unter 4 % der Gesamtbevölkerung geschätzt. 

Aus dem Nordosten der Region Mopti wurden in 2011 Gewalttaten von aus Niger zugewanderten Fulbe gemeldet, die das friedliche Zusammenleben zwischen Fulbe und Tuareg zu bedrohen begannen. 

Wichtigste Nationalsprache ist die zur Gruppe der Mande-Sprachen gehörende Bambara-Sprache (Bamanankan), die zunehmend zur Lingua Franca Malis geworden ist und von ca. 80 % der malischen Bevölkerung gesprochen wird. Mittlerweile gibt es auch ein Bambara-Online-Lexikon. Hoch angesehen sind Grundkenntnisse der zu vielen Anlässen ausgesprochenen Segenswünsche. Amtssprache ist Französisch. 

Soziale Lage und soziale Klassen 

Die Masse der malischen Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze und bestreitet ihren Lebensunterhalt weitestgehend durch Tätigkeiten in der Agrarwirtschaft und zunehmend auch im informellen Sektor. 

Die Möglichkeiten, einen Arbeitsplatz im modernen Wirtschaftssektor (Industrie und Dienstleistungen) zu finden, beschränken sich weitgehend auf die Städte. Aufgrund der Schwäche des modernen Wirtschaftssektors und der anhaltend hohen Zuwanderung aus dem ländlichen Raum stellt die Arbeitslosigkeit auch in den Städten ein ernstes Problem dar, wovon auch zahlreiche Hochschulabsolventen betroffen sind. Hieran konnten bislang auch staatliche Förderprogramme nur wenig ändern. 

Gewerkschaften engagieren sich unter anderem gegen Arbeitsplatzabbau in Folge der Privatisierung staatlicher Unternehmen und für bessere Arbeitsbedingungen in den Goldminen. Streiks von Minibusfahrern und Kleinhändlern beeinträchtigten mehrfach das öffentliche Leben in Bamako. 

Stadt-Land-Verhältnis und Migration 

In den letzten Jahrzehnten hat der Anteil der städtischen Bevölkerung stark zugenommen, wobei die Hauptursache hierfür in einer massiven Land-Stadt-Wanderung zu sehen ist. Die Gründe für die Abwanderung aus dem ländlichen Raum sind komplex und umfassen sowohl ökonomische, soziale und ökologische Ursachen. Bestrebungen der Regierung, die Abwanderung vom Lande zu reduzieren, erwiesen sich bislang zumeist als wenig erfolgreich. 

Von großer Bedeutung ist die Auswanderung, die vielfach unter gefahrvollen Bedingungen erfolgt. In vielen Fällen investieren Familien relativ hohe Geldbeträge, um jüngeren Familienmitgliedern die Auswanderung nach Europa zu ermöglichen, die angesichts der zunehmenden Abschottung Europas immer schwieriger wird. Schätzungsweise drei bis vier Mio. Malier leben dauerhaft außerhalb der malischen Staatsgrenzen, insbesondere in der Elfenbeinküste sowie anderen Nachbarstaaten. Nach unterschiedlichen Schätzungen leben 200.000 bis 300.000 Malier in Frankreich, von denen ein Teil keinen gültigen Aufenthaltsstatus besitzt. Aus Frankreich und aus Algerien werden zahlreiche Zwangsabschiebungen malischer Emigranten gemeldet, wobei in Mali selber die Selbstorganisation von Abgeschobenen allmählich an Bedeutung gewinnt. 

Für zahlreiche Migranten aus dem subsaharischen Afrika ist Mali ein wichtiges Transitland in Richtung Nordafrika und Europa. Während des libyschen Bürgerkriegs, und über das Kriegsende hinaus, wurden zahlreiche malische Immigranten in Internierungslagern festgehalten. 

Geschlechterverhältnis 

In Mali – wie auch in vielen anderen Staaten Afrikas – sind Frauen gegenüber der männlichen Bevölkerung weitgehend benachteiligt. Dies gilt sowohl hinsichtlich des Zugangs zu Bildung und Beschäftigung, wie auch des sozialen und ökonomischen Status von Frauen. Jedoch bestehen Unterschiede zwischen den verschiedenen Ethnien. Bei den Bambara beschränkt sich der Einflussbereich der Frauen weitgehend auf das Familiengehöft, während die Vertretung der Familieninteressen auf dem Niveau der Dorfebene von den Männern wahrgenommen wird. Im Vergleich zu anderen Ethnien herrscht bei den Tuareg eine weitgehende Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern.

Die weitverbreitete Migration sowie die zunehmenden Probleme, traditionelle soziale Sicherungssysteme aufrechtzuerhalten oder durch neue Systeme zu ersetzen, haben häufig negative Auswirkungen auf die Lebenssituation der weiblichen Bevölkerung sowie auf Aktivitäten zur Verbesserung ihrer Lebens- und Wirtschaftsbedingungen. Obgleich Frauen traditionell eine bedeutende Rolle im Marktwesen spielen, lässt sich vor allem in den Städten eine zunehmende berufliche Dynamik von Teilen der weiblichen Bevölkerung beobachten. 

In der malischen Verfassung ist der Grundsatz der Gleichheit der Geschlechter festgeschrieben. Zudem hat Mali internationale Konventionen zur Beseitigung jeglicher Benachteiligung aufgrund von Geschlecht und Rasse ratifiziert. Dennoch existiert eine gesetzlich verankerte Benachteiligung der Frauen in dem Sinne, dass nach dem malischen Heiratsrecht eine Ehefrau nach der Scheidung kein Anrecht auf ihre Kinder hat, welche in der Regel im Scheidungsfall beim Vater verbleiben. Der traditionellen Praxis folgend können Väter ihre Töchter gegen ihren Willen verheiraten, wobei in manchen Fällen ein sehr frühes Heiratsalter zu beobachten ist. Die Polygamie ist noch weit verbreitet. 

In 2011 verabschiedete die Regierung ein neues Familiengesetz. Das Gesetz gilt als wesentlich konservativer als der ursprüngliche Gesetzentwurf, der insbesondere die Rechte der weiblichen Bevölkerung gestärkt hätte. Letzterer war auf die entschiedene Ablehnung seitens einflussreicher islamischer Vereinigungen und eines Teils der Bevölkerung gestoßen. Obwohl nahezu alle Parlamentsabgeordnete für den Entwurf des neuen Familiengesetzes gestimmt hatten, verweigerte der damalige Präsident die Unterzeichnung des ursprünglichen Gesetzentwurfs. Da das neue Gesetz die Gesellschaft zu spalten drohe, verwies er den Gesetzentwurf zwecks Überarbeitung an das Parlament zurück. In dem überarbeiteten Gesetzentwurf fanden zahlreiche Forderungen der islamischen Vereinigungen Berücksichtigung. Teile der Zivilgesellschaft, und insbesondere Frauenrechtsvereinigungen, kritisierten das neue Gesetz hingegen als einen Rückschritt. 

In Mali gibt es eine Vielzahl von NGO, die sich für eine bessere Teilhabe von Frauen am gesellschaftlichen Leben einsetzen. Sie sind zudem bemüht, Frauen für konkrete gesellschaftliche Themen, die keine reinen Frauenfragen sind, zu interessieren. Seit 1997 orientiert sich das Ministerium für die Förderung von Frauen, Kindern und Familien, das regelmäßig Berichte zur Lage von Frauen veröffentlicht, an einem genderorientierten Gleichstellungsansatz. In der Realität besetzen Frauen in weitaus geringerem Maße öffentliche Ämter und insbesondere Entscheidungspositionen. 

Die fortbestehenden erheblichen Ungleichheiten zwischen der männlichen und weiblichen Bevölkerung werden in einer sehr schlechten Einstufung Malis im Gender Gap Report (2018: Rank 143 von 149 bewerteten Staaten) deutlich, der die Gleichstellung der Geschlechter analysiert. 

Mikrosoziale Struktur 

Die traditionelle Gesellschaftsordnung wird durch Hierarchien geprägt. Man wird in ethnische Gruppen hineingeboren, die in Kasten unterteilt sind, wobei es zwischen den Ethnien Unterschiede geben kann. Neben der Kaste der Noblen gibt es Handwerkerkasten, die Kaste der Jäger sowie die Kaste der Griots. Jede Kaste hat spezifische Aufgaben, Rechte und Pflichten, welche für die Bedeutung und Stellung der Kaste im sozialen Gefüge ausschlaggebend sind. In zahlreichen Ethnien gibt es zudem die Kaste der ehemaligen Sklaven. So teilt sich die Fulbe-Gesellschaft in drei Kasten: Noble, Handwerker und Künstler (Weber, Schmiede, Griots) und Nachkommen ehemaliger Sklaven, die vielfach noch heute einer starken Stigmatisierung ausgesetzt sind. Auch bei den Tuareg gibt es traditionell eine Unterteilung in Noble und Abhängige (Bellah). Viele Bellah konnten sich jedoch aus den Abhängigkeitsbeziehungen lösen und haben weitgehende Eigenständigkeit erreicht. Dennoch gibt es auch weiterhin Berichte über Fälle von sklavenähnlichen Abhängigkeitsbeziehungen. Eine Vereinigung von Betroffenen fordert seit einiger Zeit Entschädigung und ein konsequenteres Vorgehen der Regierung gegen offene und verdeckte Sklaverei.

Insbesondere in den ländlichen Regionen spielen Traditionen noch immer eine große Rolle. In den Städten hingegen lassen sich auf mikrosozialer Ebene erhebliche Wandlungsprozesse beobachten, welche sich an veränderten Lebensstilen und einer sich wandelnden Einstellung zu Traditionen erkennen lassen. Als Ursachen für die angesprochenen Wandlungsprozesse sind beispielsweise Migration und Schulbesuch zu nennen. Angesichts unzureichender staatlicher Grundsicherungssysteme spielen jedoch soziale Netzwerke und die Solidarität in den Großfamilien weiterhin eine sehr große Rolle für die Absicherung und das Überleben vieler unter ärmlichen Bedingungen lebender Menschen. 

Die Texte stammen vom Länderportal der GIZ, welches vom Netz genommen ist. Verfasser ist Kai Uwe Seebörger. Die Urheber wurden informiert, dass auf meiner Tourismusseite für Mali die Inhalte veröffentlicht werden.